November 2023 - Das Krematorium

In Bezug auf den Monat und das damit verbundene Fest von Allerheiligen habe ich mich diesmal mit dem Architekten Clemens Holzmeister und dem von ihm entworfenen Krematorium beschäftigt.

 

Der am 27. März 1886 in Fulpmes in Tirol geborene Holzmeister studierte an der Technischen Hochschule in Wien u. a. bei Max von Ferstel (1859-1936, dem ältesten Sohn Heinrich von Ferstel) und lehrte zwischen 1924 und 1937 an der Akademie der Bildenden Künste, ebenfalls in Wien. Aufgrund der politischen Situation emigrierte er 1938 schließlich in die Türkei, wo er bis zum Jahr 1954 lebte und von 1940 – 1949 Professor und Leiter der Meisterklasse für Architektur an der Technischen Hochschule Istanbul war. Nach seiner Rückkehr nach Österreich leitete er bis zu seiner Emeritierung 1957 und darüber hinaus die Meisterklasse für Architektur an der Akademie der Bildenden Künste. [1] Holzmeister starb am 13. Juni 1983 in Salzburg, wo er auf dem Petersfriedhof beerdigt ist.

 

Unter Holzmeisters zahlreichen Entwürfen finden sich sowohl Kirchen als auch Profanbauten, bekannt sind unter anderen etwa die Pfarrkirche ‚Zur Heiligen Familie‘ in Wien, Favoriten, die Felsenreitschule und das Neue Festspielhaus in Salzburg oder eben auch das Krematorium in unserem Bezirk.

 

Krematorium Simmering, Frontseite mit Eingangsbereich.

Bildnachweis: Privatarchiv Pelikan.

 

Das vom Arbeiterbestattungsverein zu Beginn der 1920er-Jahre in Auftrag gegebene Gebäude sollte im Kulturkampf gegen die katholische Kirche die Einäscherung als proletarische Bestattungsform propagieren. [2] Nachdem Bundesminister Richard Schmitz nur einen Tag zuvor die Feuerbestattung in Österreich für verboten erklärt hatte, wurde die Anlage dennoch am 17. Dezember 1922 durch Bürgermeister Jakob Reumann feierlich eröffnet. Der von der Bundesregierung dazu angerufene Verfassungsgerichtshof ließ diese Form der Bestattung schließlich zu. [3]

 

Clemens Holzmeister hatte die Anlage auf dem südwestlichen Teil des zum gegenüberliegenden Schloss Neugebäude gehörigen Geländes in den Jahren 1921–22 in kubisch-expressionistischen Formen errichtet. Der mit Zackenband als Zinnen besetzte und von einem Mittelturm mit vier Schornsteinen als Ecken überhöhte Außenbau erinnert dabei einerseits an orientalisch-indische, andererseits aber auch an mittelalterliche Festungen. [4] Die von spitzbogenförmigen Arkaden dominierte Vorhalle orientiert sich an den von kleinen Türmchen durchbrochenen Umfassungsmauern der einstigen Gartenanlage des Neugebäudes, an deren Innenseiten sich heute Urnennischen befinden.

 

Vorhalle mit Spitzbögen und in die Rückwand eingelassenen Urnennischen.

Bildnachweis: Privatarchiv Pelikan.

Schwalbenschwanzbekränzte Umfassungsmauer mit Urnennischen und Türmchen.

Bildnachweis: Privatarchiv Pelikan.

 

Ein bereits im Jahr 1649 erwähnter Eichenhain befindet sich in der Abteilung I des Urnenfriedhofs und kann als Naturdenkmal noch heute besucht werden.

 

Das Innere der Anlage mit der gekuppelten Aufbahrungshalle wirkt im Gegensatz zum Äußeren gotisch inspiriert. Die hierin befindlichen beiden Bilder über den seitlichen Eingängen zu den Zeremonienräumen mit den Titeln ‚Chronos‘ und ‚Leben‘ wurden von Anton Kolig im Jahr 1927 gestaltet. [5] 

 

Blick in das Innere der Feuerhalle.

Bildnachweis: https://oe1.orf.at/artikel/644784/Feuerhalle-Simmering-Wien.

‚Chronos‘ und ‚Leben‘, Anton Kolig, 1927.

Bildnachweis: Privatarchiv Pelikan.

 

Beitragersteller: Thomas Pelikan


[1] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Clemens_Holzmeister

[2] Reclams Städteführer Wien, S. 246.

[3] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Feuerhalle_Simmering

[4] Reclams Städteführer Wien, S. 245.

[5] Bundesdenkmalamt (Hg.), Dehio Wien. X. bis XIX. und XXI. bis XXIII. Bezirk, Horn/ Wien 2017, S. 119.

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