In diesem Beitrag möchte sich das Bezirksmuseum Simmering Carolus Clusius (franz. Charles de l’Ecluse [1]), dem Hofgärtner Kaiser Maximilians II. (1527- 1576) [2] widmen und sich auf seine Spuren in die Gärten des Schlosses Neugebäude im 11. Wiener Gemeindebezirk begeben, wo er vor 450 Jahren wirkte.
Theodor de Bry, Carolus Clusius (Charles de l´Ecluse) (1526-1609), um 1580.
Bildnachweis: Wien Museum Inv.-Nr. 1323, CC0; https://sammlung.wienmuseum.at/objekt/46104/.
Carolus Clusius wurde am 18. Februar 1526 in Arras (ehemals Flandern) geboren, studierte Jus und Philosophie in Gent und Löwen, besonders prägend für ihn sollte aber das Philosophiestudium in Wittenberg bei Philipp Melanchthon sein [3], welcher mit Martin Luther zusammen gegen die päpstlichen Theologen argumentierte. [4]
Mit der Botanik selbst kam Clusius allerdings erst 1551, im Zuge seines Studiums an der Universität in Montpellier durch seinen Lehrer, den Naturforscher Guillaume Rondelet, in Berührung [5].
1573 schließlich trat er seine Stelle am Hof des römisch-deutschen Kaisers Maximilian II. (1564-1576) an, was umso bemerkenswerter erscheint, da sich Clusius stets zum Protestantismus bekannte. In der Folge unternahm er einige Expeditionen, unter anderem auf den Ötscher sowie auf den Schneeberg und wurde damit zum Pionier der Alpinistik. [6] Wenig später begann er zusammen mit seinem Freund, dem Rektor der Universität Wien, Dr. Johann Aichholz [7] einen botanischen Garten sowie das erste Alpinum anzulegen. [8] Zeitgleich knüpfte Clusius Kontakte zu Balthasar von Batthyány, einem ungarischen protestantischen Erbtruchsess [9], auf dessen Burg Güssing er 1576 nach der Thronbesteigung Rudolfs II. eine Anstellung erhielt, nachdem dieser eine ‚Entlassungswelle‘ gegen alle protestantischen Angestellten [10] plante. Hier verfasste Clusius sein bekanntestes Werk „Stirpium Nomenclator Pannonicus“ (dt. pannonische Pflanzenkunde). [11]
1593 wurde er als Professor für Botanik an die Universität Leiden berufen, in weiterer Folge entstanden auch hier zahlreiche weitere Werke wie etwa „Rariorum plantarum historia" (1601, siehe Bild 2) und „Exoticorum libri X" (1605) [12], manche davon sollten für über 100 Jahre ihre Gültigkeit behalten. Von ähnlich großer Bedeutung waren seine Schriften über die Pilzkunde, mit welchen er neue Maßstäbe für die Einteilung der Pilze setzte. Clusius starb am 4. April 1609 in Leiden.
Titelseite von Clusius‘ Werk „Rariorum plantarum historia“, 1601.
Bildnachweis: https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Title_page,_Rariorvm_plantarvm_historia_Wellcome_L0064339.jpg.
Ihm zu Ehren wurde die heute im 9. Wiener Gemeindebezirk befindliche (-> 9., Clusiusgasse) sowie das im 1. Wiener Gemeindebezirk, in der Wollzeile 10 gelegene Clusiushaus von Dr. Aichholz [13] benannt.
Matthäus Merian, „[…] das Newgebäw […]“, 1649, erkennbar sind hier der obere (südliche) Garten (heute Urnenhain und Krematorium) mit Blumenbeeten und Obstbäumen und der untere (nördliche) Garten mit 18 quadratischen Pflanzenfeldern und Springbrunnen (heute wieder rekonstruiert als Erholungsort und Spielplatz) sowie der (heute nicht mehr vorhandene) Teich an der Kaiser Ebersdorfer Straße.
Bildnachweis: https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a9/Schloss_Neugeb%C3%A4ude_Wien_Merian_1649.jpg.
Nachweislich war Clusius als Hofgärtner in Wien auch mit der Bepflanzung der gegliederten Gartenanlage des Schlosses Neugebäude [14] betraut, die nach Entwürfen von Kaiser Maximilian II. selbst [15] entstehen sollte. Die Anordnung der Gartenanlage erfolgte dabei auf zwei Geländeterrassen, der südliche, höher gelegene Garten (der heutige Urnenhain mit Krematorium), ursprünglich mit Blumenbeeten und Obstbäumen bepflanzt, [16] war mit einer Schwalbenschwanzmauer und Türmen umgeben, die heute noch vorzufinden sind. Inmitten dieses großen Gartens sollen sich auch ein Springbrunnen sowie ein heute noch existierendes Brunnenhaus, das den Eingang zum Arreal bildet, zur Bewässerung durch eine Wasserleitung von der Schwechat befunden haben, [17] wie dem Plan von Matthäus Merian zu entnehmen ist.
An den „unteren“, nördlichen Garten, in dem 18 quadratische Gartenfelder [18] in geometrischen Mustern angelegt waren, schloss ein kleiner Teich oder Weiher. In seiner Wirkungszeit als „Garten- Direktor“ (1573-1576) hat Clusius unter anderem die Tulpe und die Rosskastanie sowie den Flieder, welcher im Neugebäude am 1. Mai 1576 zum ersten Mal in Europa blühte, [19] importiert und Wien damit zu einem Zentrum der Blumenzucht gemacht.
Unterer (nördlicher) Garten und Schloss Neugebäude, im Jahr 2010 neugestaltet, heutige Ansicht gegen Südwesten.
Bildnachweis: https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Neugeb%C3%A4ude#/media/Datei:Wien_11_Schloss_Neugeb%C3%A4ude_c.jpg.
Beitragersteller: Thomas Pelikan
[1] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Carolus_Clusius.
[2] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Maximilian_II.
[3] https://museum.evang.at/persoenlichkeiten/carolus-clusius-charles-de-lecluse/.
[4] https://www.heiligenlexikon.de/BiographienP/Philipp_Melanchton.htm.
[5] https://www.zobodat.at/biografien/Clusius_Carolus_VZBG_113_0121-0127.pdf, S.123.
[6] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Carolus_Clusius.
[7] https://www.zobodat.at/biografien/Clusius_Carolus_VZBG_113_0121-0127.pdf, S.123.
[8] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Carolus_Clusius.
[9] https://www.zobodat.at/biografien/Clusius_Carolus_VZBG_113_0121-0127.pdf, S.123.
[10] https://museum.evang.at/persoenlichkeiten/carolus-clusius-charles-de-lecluse/.
[11] https://museum.evang.at/persoenlichkeiten/carolus-clusius-charles-de-lecluse/carolus-clusius-hofbotaniker-und-tulpenpionier/, bzw. https://burgenland.orf.at/magazin/stories/3230336/.
[12] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Carolus_Clusius.
[13] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Clusiushaus.
[14] https://www.wien.gv.at/umwelt/parks/anlagen/neugebaeude.html.
[15] Heike Krause, Schloss Neugebäude. Eine Blüte von bescheidener Dauer, in: Schloss Kaiserebersdorf. Vom Adelssitz zur Justizanstalt, hg. Von Stadtarchäologie Wien, Wien 2011, S.41.
[16] https://www.geschichtewiki.wien.gv.at/Schloss_Neugeb%C3%A4ude.
[17] Heike Krause, Schloss Neugebäude. Eine Blüte von bescheidener Dauer, in: Schloss Kaiserebersdorf. Vom Adelssitz zur Justizanstalt, hg. Von Stadtarchäologie Wien, Wien 2011, S.41.
[18] https://www.wien.gv.at/umwelt/parks/anlagen/neugebaeude.html.
[19] https://www.wien.gv.at/umwelt/parks/anlagen/neugebaeude.html.
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